Geschichte des Ermlandes 1224 - 1945
(Der Text folgt weitgehend Auszügen aus Bruno Stolzenbergs Lauterer Chronik) Die Urbevölkerung im Ermland * Der Deutsche Ritterorden erobert und missioniert das Prussenland. * Die neue kirchliche Ordnung - das Hochstift Ermland * Blüte und Niedergang der Macht des Ordens * Wandel durch die Reformation und Ende des Ordensstaates *
Das Fürstbistum Ermland unter polnischen Bischöfen * Das Ermland unter preußisch-deutscher Herrschaft 1772-1931 *
Untergang des deutschen Ermlands * Die Urbevölkerung im Ermland
Die Prussen Das Ermland, Oberland, Westpreußen und das Gebiet der mittleren und oberen Weichsel bis etwa zum Bug und den Karpaten war in vorgeschichtlicher Zeit von ostgermanischen Stämmen bevölkert. Das
Ostgebiet der Provinz war von weiter nordöstlich wohnenden baltischen Stämmen besiedelt. Nach der Abwanderung der Germanen, etwa um 400 n.Chr., in verschiedene Richtungen, rückten die Westbalten in die verlassenen
Gebiete, dem Ermland, Oberland und Westpreußen bis zur Weichsel nach und hemmten das Vordringen der Slawen in diese Gebiete. Ihnen blieb nur der entvölkerten Süden der Provinz zur Besiedlung frei. Gegen Ende des 10.
Jahrhunderts tritt zum ersten Mal der Name "Pruzzen" oder "Prussen" auf. Ihre Lebensgestaltung ist von der ostgermanischen Kultur stark beeinflusst worden. Die einzelnen Volksstämme wurden nach den
Landschaften benannt, in denen sie sesshaft waren. Elf Gaue umfasste das Prussenland: Kulmer Land und Pomesanien lagen östlich der Weichsel, Pogesanien, Warmien (Ermland) und Natangen östlich vom frischen Haff, Samland
nördlich vom Pregel, Barten bildete die Mitte des Landes, Nadrauen lag östlich der Deime im Quellgebiet des Pregels, Schalauen östlich vom Kurischen Haff, Sudauen östlich von den Masurischen Seen und Galinden im Süden
des Landes. Beginn der Missionierung Etwa um das Jahr 1000 n. Chr. versuchte der polnische Herzog Boleslaw der Kühne
(966 - 1025) Einfluss auf das Prussenland östlich der Weich zu gewinnen. Da er es kriegerisch nicht erreichte, erstrebte er sein Ziel auf dem Wege der Missionierung. Er rüstete dem früheren Bischof von Prag, dem hl.
Adalbert (956 - 997) eine Schiffsflotte aus, mit der dieser weichselabwärts bis in die Gegend des heutigen Danzig und Elbing vordrang und dort missionierte. Die dort ansässigen Prussen befürchteten, dass im Gefolge des
Bischofs auch Beauftragte des Polenkönigs seien, die seine Machtansprüche durchsetzen sollten. Daher verwiesen sie Bischof Adalbert außer Landes. Er nahm seine Missionsarbeit noch einmal im Gau Samland auf, stieß auch
hier auf Widerstand und erlitt mit seinen Gefährten bei Tenkitten am 23. April 997 den Märtyrertod. Dort stand bis 1945 zu seinem Gedächtnis das St. Adalbertkreuz. Auch Bruno von Querfurt (974 - 1009) unternahm eine
Missionsreise in das Prussenland. Bruno, mit den Ottonen verwandt, erhielt seine Ausbildung an der Domschule zu Magdeburg. Er trat 998 in Rom in den Benediktinerorden ein und wurde 1004 zum Erzbischof für die östliche
Heidenmission geweiht. In Erfüllung dieses Auftrags kam Bruno mit seinen Gefährten auch in den Gau Sudauen. Es gelang ihm den Sudauerfürsten Nethimer zum christlichen Glauben zu bekehren. Als er jedoch in das
Herrschaftsgebiet seines Bruders weiterzog, wurde er mit seinen 18 Gefährten am 14. Februar (?)1009 ermordet. Mehr Erfolg hatten rund 200 Jahre später die Zisterzienser, die 1178 die Klosterabtei Oliva bei Danzig
gründeten und eine große Aktivität bei der Missionierung entfalteten. Nach bedeutenden Bekehrungserfolgen ernannte Papst Innozenz III (1198 - 1216) den Mönch Christian 1215 zum Bischof der Prussen. Bei einem Versuch der
Missionierung im Samland wurde er 5 Jahre lang von den Prussen gefangen gehalten. Als er 1238 frei kam, hatte der Deutsche Ritterorden seinen Einfluss so weit gefestigt, dass Bischof Christian seine Ansprüche nicht mehr
durchsetzen konnte. Der Deutsche Ritterorden erobert und missioniert das Prussenland. Anfang in Jerusalem Im Jahre 1198 wurde der Deutsche Ritterorden in Akkon im Königreich Jerusalem von den dort anwesenden deutschen
geistlichen und weltlichen Fürsten gegründet. Er entstand durch die Umwandlung des ursprünglich von Bremer und Lübecker Bürgern gegründeten Hospitals in einen Ritterorden, dem Ritter und Priesterbrüder angehörten, und
der unter der Leitung eines auf Lebenszeit gewählten Hochmeisters stand. Papst Innozenz III. 1198 - 1216) bestätigte den Orden. Mit der Gründung wurde Heinrich Walpot zum ersten Hochmeister des Deutschen Ritterordens
ernannt. Akkon blieb die Hochmeisterresidenz, bis diese Hafenstadt wieder in arabische Hände fiel. Den Ortswechsel der Residenz des Hochmeisters im Laufe der Geschichte gibt die nachfolgende Übersicht wieder:
1198 - 1291: Akkon im Königreich Jerusalem 1291 - 1309: Venedig 1309 - 1457: Marienburg in Westpreußen 1457 - 1525: Königsberg in Preußen 1527 - 1809: Mergentheim an der Tauber
hob Napoleon den Deutschen Orden auf. Nach der Eroberung des Königreichs Jerusalem entfielen dort seine Aufgaben. Neue fand er, als der König Andreas II. von Ungarn, dessen Land von den umliegenden, noch heidnischen
Grenzvölkern sehr bedrängt wurde, den Orden zu Hilfe rief. Als dieser jedoch große Erfolge erreichte, fürchtete der König die Entstehung eines eigenen Ordensstaates und zwang den Orden sein Land wieder zu verlassen. Gründung eines Ordensstaates Der nächste Hilferuf und damit eine neue Aufgabe kam aus dem Osten. Der polnische Fürst
Konrad von Masowien erhob Anspruch auf das Kulmerland. Doch die dort ansässigen Prussen verteidigten ihr Land und griffen ihrerseits mit Überfällen das Herrschaftsgebiet Konrads an. In seiner Not wandte er sich 1224 an
den Ordensmeister Hermann von Salza und bat um die Hilfe des Ordens gegen die Prusseneinfälle in sein Land. Der Ordensmeister war Freund und Berater des Kaisers Friedrich II. und auch ein Vertrauter des Papstes. Sein
Bestreben war es, die Hilfeleistung mit der Missionierung der Prussen und der Gründung eines Ordensstaates zu verbinden. Auf Drängen von Papst und Kaiser übernahm der Ordensmeister die neue Aufgabe. Im Jahr 1225 schloss
er mit Konrad von Masowien einen Vertrag, der ihm das an die Prussen verlorene Kulmerland im Falle der Rückgewinnung mit allen Nutzungen, Freiheiten und Rechten als Eigentum verschrieb. Um bei Erfolgen nicht wieder
verjagt zu werden, wie es ihm durch den Ungarnkönig geschah, sicherte er sich außerdem noch beim Kaiser und Papst ab. In der Goldenen Bulle von Rimini gab der Kaiser 1226 dem Hochmeister kraft kaiserlichen Rechts den
Auftrag, das Land der heidnischen Prussen zu besetzen, die Bewohner für das Christentum zu gewinnen, einen Staat zu errichten und diesen als Reichsfürst zu vertreten. Wegen der Bedeutung dieses Dokumentes soll der
wesentliche Teil hier wiedergegeben werden:". Daher haben wir dem Meister die Vollmacht erteilt, in das Prussenland mit den Kräften des Ordenshauses und mit allen Mitteln einzudringen und überlassen und bestätigen
dem Meister, seinen Nachfolgern und seinem Hause für immer sowohl besagtes Land, das er von dem Herzog (von Masowien) gemäß seinem Versprechen erhalten wird, wie auch alles Land, das er mit Gottes Zutun in Preußen
erobern wird, als ein altes und gebührliches Recht des Reiches an Bergen, Ebenen, Flüssen, Wäldern und am Meere, auch dass sie es frei von allem Dienst und Steuer und lastenfrei behalten und gegen niemand verpflichtet
sein sollen." Auch Papst Gregor IX. (1227 - 1241) bestätigte 1230 dem Orden die Schenkung des Herzogs Konrad nebst allem, was die Ordensbrüder im Lande der Heiden irgendwie in ihre Obhut bringen würden.
Gestützt auf diese Verträge und den Auftrag der damals höchsten Ordnungsmächte begann der Deutsche Orden 1231 im Prussenland Fuß zu fassen. Die erste prussische Befestigung auf dem rechten Weichselufer fiel 1231 in die
Hand des Ordens. Er baute sie aus als Burg und Stadt Thorn. Die nächsten Eroberungen und Burgengründungen: Kulm (1232) , Marienwerder (1233). Im Herbst 1233 schlug der Orden die Prussen an der Sigurne (Sorge). Der Hafen
von Truso wurde 1237 erreicht. Dort gründete der Orden die Befestigung und Stadt Elbing (1237). Der Hafen bot der Flotte der Lübecker Kaufleute Schutz. Es folgte die Halbinselburg Balga (1239) und die Gründung von
Braunsberg (1240), Rößel (1237) und Heilsberg (1241). Im Jahr 1237 kam es zur Vereinigung des Deutschen Ritterordens mit dem im baltischen Raum (Livland, Riga) operierenden geistlichen Orden der Schwertbrüder. Sie waren
1202 von Bischof Albert von Appeldern als geistlicher Ritterorden gegründet worden und missionierten neben Livland auch Kurland und Estland. Dabei wurden sie von den Litauern stark bedrängt. Bei dem Zusammenschluss
behielten die Schwertbrüder ihren eigenen Landesmeister. Durch die Vereinigung konnten beide Ritterorden sich gegenseitig unterstützen, da sie dieselben Ziele verfolgten. Zum besseren Verständnis muss erwähnt werden,
dass nach damaliger Auffassung heidnisches Land als herrenloses Gut galt. Erfolge und Rückschläge Neben den großartigen
Erfolgen gab es auch bittere Rückschläge. So erhoben sich 1242 die prussischen Völkerschaften gegen den Orden. Vieles ging damals wieder verloren. Nur die Burgen Elbing, Marienwerder und Thorn konnten erfolgreich dem
Ansturm Widerstand leisten. Mühsam konnte der Orden das verlorene Land zurückgewinnen. Durch Vermittlung des päpstlichen Gesandten von Lüttich kam es am 7. Februar 1249 zu einem Vertrag zwischen dem Orden und den
prussischen Stämmen. Danach unterwarfen sich die Prussen dem Orden, stellten sich unter seinen Schutz und nahmen den christlichen Glauben an. Der Orden baute die zerstörten Befestigungen zur Sicherung seiner Macht
wieder auf und dehnte seinen Einfluss in das Landesinnere in Richtung Südosten aus. Unterstützung bekam der Orden durch den Reichsfürsten König Ottokar II. von Böhmen und Mähren, der mit einem starken Heer im Winter
1253/54 das zugefrorene Haff überquerte und Samland eroberte. Der Orden nannte die neu angelegte Burg am Pregel zum Dank für seine Hilfe Königsberg (1255). Durch Verhandlungen mit Polen konnte der Orden seinen Einfluss
auch auf Galinden, das heutige Masuren, ausdehnen. Ein letztes Mal noch gelingt es dem prussischen Widerstand in einem gut organisierten Aufstand, der am 2. September 1260 ausbrach, die Macht des Ordens zu bedrohen.
Wieder ging viel erobertes Land verloren. Auch die Burgen Rößel, Heilsberg und Braunsberg fielen den Prussen in die Hände. Das Kulmerland und Pomesanien, sowie die Burgen Elbing, Balga und Königsberg konnten jedoch
gehalten werden. Schließlich wendete sich das Kriegsglück; aber erst 1273 brach der Widerstand endgültig zusammen. Die Eroberungen des Ordens dehnten sich in den folgenden Jahren weiter auf die Gaue Nadrauen, Sudauen
und Schalauen aus. So wurde bis 1283 das ganze Prussenland gesicherter Besitz des Deutschen Ritterordens. Flächenmäßig entspricht dies etwa dem Umfang von Ostpreußen im Jahre 1914. Die neue kirchliche Ordnung - das Hochstift Ermland Gründung von vier Bistümern Die Entwicklung der Missionierung im Land der Prussen beobachtete vom fernen Rom aus Papst Gregor IX. (1227-1241) sehr aufmerksam. Mehrfach
hielt sich sein Abgesandter Wilhelm von Modena seit 1225 in den eroberten Gebieten auf und berichtete nach Rom. Papst Gregor IX. bestätigte in zwei Urkunden vom 27. August und vom 12. September 1230 dem Orden die
Schenkung des Herzogs Konrad mit allem, was die Ordensritter im Land der Heiden - nach damaliger Auffassung als herrenloses Gut - in ihre Obhut bringen würden. Nachdem der Papst die Entwicklung der Mission für
erfolgreich und entscheidungsreif hielt, nahm er kraft seiner Autorität am 3. August 1234 mit der Bulle von Rieti das Land in das "Recht und Eigentum des hl. Petrus" und damit in den besonderen Schutz des
apostolischen Stuhles und übertrug es dem Hochmeister und seinem Orden zu ewigem und freiem Besitz. Er behielt sich jedoch die Gestaltung der kirchlichen Ordnung vor. Trotz des Prussenaufstandes 1242
errichtete der Legat Wilhelm von Modena im Einvernehmen mit dem Orden am 29. Juli 1243 in dem Missionsgebiet vier Bistümer: Kulm, Pomesanien, Ermland und Samland. Diese Neuordnung bestätigte Papst Innozenz IV.
(1243-1254) schon am 8. Oktober 1243. Jeder Bischof der neuen Bistümer erhielt nach dem Vertrag ein Drittel seiner Diözese als eigenes Herrschaftsgebiet und zum eigenen Unterhalt. Der ermländische
Bischof wählte eine zusammenhängende Fläche vom Frischen Haff zum Landesinneren in Richtung Südosten. In diesem Landesteil, das auch das "Hochstift Ermland" genannt wurde, war der Bischof zugleich oberster
kirchlicher Verwalter und Hirt der Diözese und weltlicher Landesfürst in einem Zeitraum von mehr als 5oo Jahren, nämlich von 1254-1772. Fürstbistum Ermland Die ersten Bischöfe aller vier Diözesen gehörten als Priesterbrüder dem Orden an. Im Ermland wurde der Ordenspriester Anselm (1250-1278) zum ersten
Bischof ernannt. Alle späteren Bischöfe im Ermland entstammten nicht dem Ritterorden. So bewahrte sich das Fürstbistum Ermland eine relative Unabhängigkeit gegenüber dem Orden, der nach wie vor den Schutz der Diözesen
vor feindlichen Überfällen übernahm. Bischof Anselm gründete und berief 1260 das erste Domkapitel, das zunächst seinen Sitz in Braunsberg und von 1284-1945 dann in Frauenburg hatte. Dort wurde in den Jahren 1328-1388
die Kathedrale gebaut. Das Domkapitel erhielt durch die Teilungsverträge von 1288 und 1346 ein Drittel des Hochstiftes als weltliches Herrschaftsgebiet und hatte hier die gleichen landesherrlichen Rechte und Pflichten
wie der Bischof in seinem Zweidrittel-Anteil des Hochstiftes. Das ganze Hochstift wurde zur besseren Verwaltung in bischöfliche und domkapitulare Kammerämter gegliedert. Diese Verwaltungsbezirke bestanden bis 1772,
d.h. bis zur Eingliederung des Hochstiftes Ermland in Preußen durch den Preußenkönig Friedrich II. Die bischöfliche Residenz war seit 1350 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts das Schloss Heilsberg. Seit 1836-1945
residierten Bischof und Domkapitel dann gemeinsam in Frauenburg. Wenn auch nur der erste ermländische Bischof aus dem Deutschen Orden kam, so entstammten die Bistumsvögte, die für die herrschaftliche Verwaltung des
Fürstbistums zuständig und vor allem in der Zeit der Besiedlung mit deutschen Siedlern sehr aktiv waren, meist dem Deutschen Ritterorden. Zwei bekannte Vögte aus der Zeit der Besiedlung sind Heinrich von Lutir
(13331343), auch Luter oder Lutern in den Dokumenten genannt, und Bruno Luter (1343-1346), wahrscheinlich ein Vetter von Heinrich. Für die kirchliche Ordnung war die Diözese in Dekanate gegliedert, die etwa zur
gleichen Zeit wie die Kammerämter eingerichtet wurden. Die eigentliche Seelsorge vor Ort oblag in den Kirchspieldörfern dem Pfarrer und seinem Kaplan. Zu einem Kirchspiel gehörten meist mehrere kleinere Dörfer, die nur
eine kleine Kapelle für Andachten besaßen. Die wesentlichen Verwaltungseinheiten waren die Kammerämter. Sie waren die oberen Instanzen für die Städte und Dörfer. In den Städten lag die Verwaltung beim Bürgermeister
und Magistrat. Sie hatten für die zivile Ordnung der Stadt und der Bürger zu sorgen. Die Grundlage dafür bot die sogenannte "Willkür", die das Leben der Bewohner regelte. In den Dörfern hatte der Schultheiß,
auch einfach Schulz oder Scholz genannt, für die Einhaltung der Vorschriften zu sorgen. Das Amt des Schultheiß blieb sehr oft über mehrere Generationen bei einer Familie. Nach einer Dorfgründung erhielt der
"Lokator", also der Ortsgründer, auch das Schulzenamt.
Blüte und Niedergang der Macht des Ordens Festigung der Macht Nachdem die Aufstände der Prussen und Litauer
gegen die Herrschaft des Ordens bis 1283 niedergeschlagen waren, brachte nun die nachfolgende Besiedlung und Kultivierung des Landes ihre Früchte: Festigung der Macht des Ordens, Sicherheit und Wohlstand. Durch den
Schutz, den der Orden dem Hochstift gewährte, war dieses mit seinem Schicksal verbunden. Wenn auch die Bischöfe des Ermlandes keine Ordensangehörige waren, so standen sie doch wegen des ihnen gewährten Schutzes in
Krisenzeiten meist auf der Seite des Ordens. Die größte Ausdehnung und Machtentfaltung erreichte der Deutsche Ritterorden unter seinem Hochmeister Winrich von Kniprode (1351-1382), nachdem der Orden schon 1309 das
Herzogtum Pomerellen erworben und 1346 Estland von Dänemark dazu gewonnen hatte. Vom polnischen König Casimir III. (1330 - 1370) ließ sich der Hochmeister im Vertrag von Kalisch seine Besitzungen im Kulmer Land und in
Pomerellen bestätigen. Der König Casimir verzichtete in diesem Vertrag "auf ewige Zeiten" auf diese Gebiete. Als größte Leistung des Ordens ist nach der Ausbreitung der deutschen Kultur bis über die Memel
hinaus und die Missionierung der alteingesessenen Völkerstämme die Schaffung eines mustergültig geordneten Staatswesens anzusehen, das sogar in Verwaltung und Wirtschaftlichkeit den alten Staaten im Westen überlegen
war. Darum verlegte der Ordenshochmeister 1309 auch seine Residenz von Venedig zur Marienburg in Westpreußen. Mit dem Deutschen Ritterorden erreichte auch das Hochstift Ermland eine Blütezeit. Von der Schlacht bei Tannenberg 1410 bis zum 2. Thorner Frieden 1466 Aber außenpolitische Schwierigkeiten blieben nicht aus, als der
Litauerfürst Jagiello die polnische Königstochter Hedwig heiratete. Die beiden, nun verwandtschaftlich verbundenen Staaten hatten das gemeinsame Interesse, die Macht des Ordens zu beschränken. Die wachsenden Spannungen
entluden sich schließlich 1409 in einem Krieg mit der Entscheidungsschlacht bei Tannenberg 1410. Der Ordenshochmeister Ulrich von Jungingen führte die Truppen des Ordens und des Hochstiftes Ermland gegen einen an
Kräften weit überlegenen Feind. In einem schrecklichen Gemetzel unterlagen die vereinigten Truppen des Ordens und des Bischofs, und Ulrich von Jungingen fiel in der Schlacht am 15. Juli 1410. Der geschlagene Rest der
Truppen zog sich auf die Marienburg zurück und konnte sie gegen den Ansturm der Feinde halten. Unter dem nachfolgenden Hochmeister Heinrich von Plauen kam es 1411 zum 1. Thorner Frieden. Dabei gelang es, den
territorialen Bestand Ordensstaates zu retten; doch mussten erhebliche Kriegsschulden gezahlt werden. In diesem Krieg wurde auch das Ermland verwüstet; denn die Soldateska versorgte sich aus dem Land, durch das sie zog.
Da der Fürstbischof Heinrich IV., Heilsberg von Vogelsang, nach der Niederlage dem König von Polen gehuldigt hatte, versuchte Heinrich von Plauen, den Bischof aus seinem Bistum zu verdrängen und durch ein Mitglied
des Ordens zu ersetzen, um der Selbständigkeit des Hochstiftes Ermland ein Ende zu bereiten, was jedoch nicht gelang. Der Streit führte trotz Absetzung Heinrichs von Plauen erneut zu einem Einmarsch polnischer Heere in
das Ermland. Am 18. Juli 1414 überschritten sie die Ordensgrenzen. Da sie den direkten Weg zur Marienburg versperrt fanden, ergossen sie sich in das Hochstift Ermland. An einen Widerstand im offenen Felde konnte die
Ordensstreitmacht nicht denken. Daher zog sie sich in den befestigten Plätzen zusammen und ebenso die Bevölkerung des Landes mit ihrer Habe und ihrem Vieh, um so den Feind durch Mangel an Lebensmittel zum schnellen
Rückzug zu zwingen. Daher nannte man diese Auseinandersetzung "Hungerkrieg". Der Historiker Prof. Victor Röhrich berichtet ausführlich über die Greueltaten der zügellosen Soldateska: "Die rohen Scharen
der Samaiten, Russen, Walachen, Tataren, die neben Litauern und Polen in den Heeren Jagiellos und Witolds marschierten, traten das Fürstbistum in Grund und Boden. Seeburg wurde eingeäschert und das ganze Kammeramt bis
auf 2 Dörfer dem Erdboden gleichgemacht. Nur das Kammeramt Rößel blieb nahezu verschont." Am 7. Oktober 1414 kam in Straßburg ein Waffenstillstand zustande, worin vereinbart wurde, dass die Streitangelegenheit
zwischen dem Königreich Polen und dem Ordensstaat auf dem Konzil zu Konstanz verhandelt und geregelt werden sollte. Die gemeinsamen Kriegslasten, die dem Adel, den Städten und den Bauern aufgebürdet worden waren,
führten zu einem Zusammenschluss dieser Stände, dem "Preußischen Bund". Er erstrebte eine Beteiligung an der Verwaltung des Ordensstaates. Diese Forderung und der sich daraus entwickelnde Streit führte zu
einem Krieg, dem sogenannten "13jährigen Städtekrieg" (1453-1466). Der ermländische Bischof Äneas Sylvius Piccolomini (1457-58) verhielt sich neutral. Als sich die Entwicklung zuungunsten des Ordens
abzeichnete, trat sein Nachfolger, Bischof Paul von Legendorf (1458-1467) auf die Seite des Städtebundes, der sich mit den Polen verbündet hatte. Im 2. Thorner Frieden 1466 wurde der Ordensstaat geteilt: Das Kulmer
Land, Pomerellen, sowie das Gebiet um Marienburg-Elbing wurden als autonomes Gebiet "Königliches Preußen" genannt, der Krone Polens unterstellt. Der östliche Teil verblieb dem Orden. Der Hochmeister musste
jedoch dem polnischen König den Treueid leisten. Seine Residenz verlegte er darum nach Königsberg. Das Hochstift Ermland kam nun ebenfalls unter die Oberhoheit des polnischen Königs. Damit übernahm dieser die bisher vom
Orden ausgeübte Schirmherrschaft über das Hochstift Ermland. Pfaffenkrieg und Reiterkrieg Nach dem Tode des
Fürstbischofs Paul von Legendorf gab es bei der Neuwahl Streit zwischen dem wahlberechtigten Domkapitel und dem polnischen König Casimir, der seinen Wunschkandidaten im Hochstift durchsetzen wollte. Es kam zum
sogenannten "Pfaffenkrieg" (1467-1479) zwischen dem polnischen König und dem vom Domkapitel gewählten Nachfolger auf dem Bischofssitz, Nikolaus von Tüngen. Dieser konnte sich auf Bündnisse mit dem König
Matthias Corvinus von Ungarn und dem Deutschen Ritterorden stützen. Am Ende erkannte im 1. Vertrag von Petrikau der polnische König Nikolaus von Tüngen als Fürstbischof an. Dieser musste sich jedoch unter die
Schirmherrschaft des Königs stellen. Außerdem wurde das Domkapitel verpflichtet, eine dem König genehme Person als Bischof zu wählen. Ferner musste der Hofstaat und die Untertanen dem König den Treueid leisten. Diese
Abmachungen brachten eine gewisse Einschränkung der Selbständigkeit des Hochstiftes mit sich. Die Wahlfreiheit des Domkapitels erfuhr im 2. Vertrag von Petrikau 1512 - vom Papst 1513 bestätigt - eine weitere
Einschränkung. Danach sollte der König dem Domkapitel vier Kandidaten zur Bischofswahl vorschlagen, die Mitglieder des Kapitels und "in den Landen Preußen" geboren sein mussten. Trotz dieser Vereinbarungen
setzen die polnischen Könige ihre Wunschkandidaten durch. Der Orden bemühte sich um Rückhalt bei den deutschen Fürsten. Darum wählte er seine Ordenshochmeister aus deutschen Fürstenhäusern. So residierte in Königsberg
Herzog Friedrich von Sachsen (1498 - 1510). Ihm folgte mit 21 Jahren Markgraf Albrecht von Brandenburg (1511-1525), letzter Ordenshochmeister. Noch einmal versuchte der Deutsche Ritterorden den Niedergang seiner Macht
gegenüber Polen abzuwenden. Im sogenannten "Reiterkrieg" (1519-21) wurde er jedoch von den deutschen Fürsten und vom Kaiser nicht unterstützt. Darum schloß er 1521 einen 4jährigen Waffenstillstand, der 1525
schließlich zum Frieden von Krakau führte. Der Orden musste sich den Regelungen des 2. Thorner Friedensvertrages unterwerfen. Das bedeutete die Teilung Preußens: Das "Königliche Preußen" blieb autonom unter
der Krone Preußens. So ging ein Jahrhundert schrecklicher Kriege für den Deutschen Ritterorden und das Hochstift Ermland zu Ende, in dem die Bevölkerung unsäglich viel Leid erdulden musste. Dazu suchte die Menschen in
ihrem Elend 1506 noch die Pest heim und rottete ganze Dörfer aus. So lagen allein im Ermland bei Kriegsende 1521 rund 50% aller Bauernhöfe wüst.
Wandel durch die Reformation und Ende des Ordensstaates
Religiöse Spaltung Preußens Während des Waffenstillstandes nach dem Reiterkrieg, also 1521-1525, hörte Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach auf einer seiner Reisen ins Reich die Predigten Osianders und
begeisterte sich für seine reformatorischen Gedanken. Osiander wurde später Professor an der von Albrecht gegründeten Universität Königsberg (gegr. am 29. August 1544) - Auch Martin Luther besuchte er in Wittenberg, der
ihn für seine Reformen gewinnen konnte. Als es zum Friedensschluss von Krakau (1525) kam wurden die Regelungen des 2. Thorner Friedens festgeschrieben. Markgraf Albrecht brach sein Gelübte und seinen Treueid und
wandelte das noch verbliebene Ordensland in ein weltliches Herzogtum "Preußen" um, das er vom polnischen König als Lehen erhielt, dem er den Treueid leisten musste. Als begeisterter Anhänger der Lehre
Luthers führte er diese in sein Herzogtum ein. Die Anerkennung der Oberhoheit des polnischen Königs fiel Albrecht nicht sonderlich schwer, denn dieser war der Bruder seiner Mutter. König Sigismund von Polen erkannte
seinen Neffen als erblichen Herzog von Preußen an und duldete die Einführung der Reformation lutherischer Prägung in Preußen. Diese Entwicklung bedeutete das Ende des Ordensstaates. Im Reich bestand der Deutsche
Ritterorden jedoch weiter. Neuer Sitz des Hochmeisters wurde Bad Mergentheim an der Tauber. Die Bischöfe von Samland und Pomesanien unterstellten ihre weltlichen Herrschaftsgebiete freiwillig Herzog Albrecht und
wandten sich ebenfalls der lutherische Lehre zu. Sie waren übrigens die einzigen deutschen Bischöfe, die sich der neuen Lehre angeschlossen haben. In der Folgezeit erwies sich Herzog Albrecht als kluger, umsichtiger und
frommer Landesvater. Er war ein eifriger Förderer kirchlicher und weltlicher Wissenschaften. So gründete er z.B. die Universität Königsberg. Auch dem kirchlichen Gemeindegesang galt sein besonderes Interesse. Er
verfasste sogar selbst die Texte zu einigen Kirchenliedern. Am 20. März 1568 starb er in Tapiau. Bischof und Domkapitel des Hochstiftes Ermland hielten der alten katholisch-apostolischen Lehre die Treue. Sie blieben,
wie schon im 2. Thorner Frieden (1466) geregelt, weiter unter der Schutzherrschaft des polnischen Königs. Der ermländische Bischof verlor allerdings seine Jurisdiktion über den im Herzogtum Preußen gelegenen Teil seiner
Diözese. Das Fürstbistum Ermland unter polnischen Bischöfen Der erste "polnische" Fürstbischof Ermlands Trotz der Regelungen im 2. Vertrag von Petrikau (1512), nach denen der Kandidat für
das Bischofsamt Mitglied des Domkapitels und im Preußenland geboren sein sollte, setzten die polnischen Könige ihre Wunschkandidaten durch. So wurde Stanilaus Hosius, als Sohn deutscher Eltern in Krakau geboren, der
erste "polnische" Fürstbischof Ermlands (1551-1579). Er beherrschte noch beide Sprachen, die polnische und die deutsche. Seine Nachfolger von 1579-1795 waren gebürtige Polen und verstanden die Sprache ihrer
Diözesanen kaum. Auch im Domkapitel war die Mehrzahl der Mitglieder polnischer Herkunft. Unter diesen Bischöfen gab es bedeutende Männer, die viel für die Kirche im Ermland getan haben. Die Hosius, Kromer und Rudnicki
waren eifrige Verfechter der katholischen Lehre und haben religiöse Leben im Ermland erneuert. Auch die Kirchen sind in ihren Amtszeiten erneuert oder gebaut worden. So ist auch die Kirche in Lautern, die 1550 durch
Brand zerstört worden war, nach ihrer Neuerrichtung am 18. April 1580 von Bischof Martin Kromer zu Ehren der hl. Maria Magdalena konsekriert worden. Das mehrheitlich polnische Domkapitel des Hochstiftes Ermland
erbringt 1724 in einer Denkschrift den Nachweis, dass das Ermland zum "Heiligen Römischen Reich deutscher Nation" gehört. Dies sind Beweise dafür, dass auch während der Zeit der polnischen Bischöfe die
deutsche Sprache und Kultur lebendig geblieben ist. Die polnischen Bischöfe widersetzten sich auch allen Bestrebungen, das Bistum Ermland in die polnische Kirchenprovinz Gnesen einzugliedern und verteidigten die
unmittelbare Zuordnung zur römischen Kurie, nachdem das Erzbistum Riga 1566 unterging und somit das Bistum Ermland de facto exemt war; d.h. keiner Kirchenprovinz angehörte. Im 17. Jahrhundert vermochten die
ermländischen Bischöfe wieder ihre Jurisdiktion über die Grenzen ihres weltlichen Territoriums zu erweitern. Bischof Rudnicki erreichte 1612 die Restitution der Pfarrkirche St. Nikolai in Elbing und erlangte ferner in
den Lehnsverträgen von 1605 und 1611 zwischen dem polnischen König und dem Herzog von Preußen, dass den Katholiken im Herzogtum Preußen die freie Religionsausübung ermöglicht wurde. Von einer wirklich freien
Religionsausübung kann allerdings über zwei Jahrhunderte keine Rede sein; denn die Katholiken im Herzogtum Preußen - seit 1701 Königreich Preußen konnten keine öffentliche Ämter übernehmen und ein Übertritt zur
katholischen Religion wurde sehr erschwert. Doch es ist auch festzustellen, dass mit den erwähnten Abmachungen die Jurisdiktion des ermländischen Bischofs über die Katholiken im Herzogtum Preußen wieder anerkannt wurde
und noch auf das Gebiet des untergegangenen Bistums Samland erweitert wurde. Diese Regelungen bekamen 1617 ihre päpstliche Bestätigung. Drei mal Krieg mit Schweden Nachdem das 16. Jahrhundert einigermaßen friedlich verlaufen war, und in dieser Zeit die Wirtschaft und Kultur in Stadt und Land wieder
aufgeblüht war, brachte das 17. und 18. Jahrhundert erneut kriegerische Turbulenzen für das Ermland. Zwischen 1626 und 1721 versuchten die Schweden dreimal ihren Machteinfluss im Ostseeraum auszubauen. Im
1. schwedisch-polnischen Krieg (1626-1635) berührte das Kriegsgeschehen den Norden Ermlands. Der 2. schwedisch-polnische Krieg (1655-1660) traf auch den Süden und damit das Kirchspiel Lautern. Wieder kam die
Bevölkerung an den Rand des Ruins und Verhungerns. Dazu wurde das Ermland in den Jahren 1625,1627,1630,1656 und 1660 von der Pest heimgesucht. In dieser Zeit lagen wieder viele Bauernhöfe und ganze Dörfer wüst, weil der
"schwarze Tod" die Bewohner hinweggerafft hatte. Auch im sogenannten nordischen Krieg (1701-1721) drangen die Schweden 1703 in das Ermland ein, und das bedeutete erneut arge Kriegsbedrängnis für die
Bevölkerung. Kein Wunder, dass bei der großen Pest 1708-1711 die Menschen wieder massenweise starben. Bei den wechselnden Machtverhältnissen kam das Hochstift Ermland für kurze Zeit (1656-1657) unter
kurbrandenburgische Herrschaft. In dieser Zeit entstand das "Summarische Verzeichnis des Fürstentums Ermland von 1656", eine Bestandsaufnahme des Hochstiftes. In den schwedisch-polnischen
Auseinandersetzungen litten nicht nur die Menschen; die Schweden entführten auch viele Kunstschätze und ganze Büchereien, die sich noch heute in schwedischen Archiven befinden. Auch im polnischen Erbfolgekrieg
(1733-1735) hatte das Ermland unter Truppendurchmärschen und Kontributionen zu leiden. Bei einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Russen und Preußen im Siebenjährigen Krieg von 1756-1763 besetzten die Russen
Preußen, um es zu annektieren. Zeitweise hielt sich auch im Schloss Heilsberg eine russische Besatzung auf. Als letzter polnischer Fürstbischof residierte in Heilsberg Ignatius Krasicki. Er wurde besonders bekannt
als polnischer Dichter der Aufklärung und Freund Friedrichs des Großen. Seine Residenz wurde zu einem Musenhof. Viel machten ihm die politischen Wirrnisse zu schaffen. Er musste zwischen den Ansprüchen Preußens und
Polens taktieren und sich schließlich dem größeren Druck Preußens beugen. In Marienburg leistete seine Delegation - Carl von Zehmen und zwei Domherren - dem König von Preußen am 28. September 1772 den Treueid. Das Ermland unter preußisch-deutscher Herrschaft 1772-1931 Drei Teilungen Polens Während sich das Hochstift Ermland von den Bedrängnissen der schwedisch-polnischen Kriege und den Seuchen langsam
wieder zu erholen begann, wurde Polen durch innere politische Streitigkeiten und wirtschaftlichen Niedergang erschüttert. Nach der Aussöhnung zwischen Preußen und Rußland - Der siebenjährige Krieg (1756-1763) war
vorausgegangen. - entwickelte sich eine rege diplomatische Tätigkeit zwischen den damals mächtigen Staaten Rußland, Österreich und Brandenburg-Preußen. Sie führte schließlich in drei Teilungsstufen 1772, 1793 und 1795
zur Auflösung des polnischen Staates. Nach der letzten Teilung 1795 war Polen als Staat von der Landkarte verschwunden, bis er nach dem 1. Weltkrieg 1919 wiedererstand. Für Brandenburg-Preußen brachte die 1. polnische
Teilung mit dem Petersburger Vertrag vom 5. August 1772 die Landverbindung von Brandenburg und Preußen, dem ehemaligen Ordensstaat. Dazu wurde das Fürstbistum Ermland von Preußen annektiert, das dadurch seine
Selbständigkeit verlor und säkularisiert wurde, d.h. Bischof und Domkapitel verloren ihre weltlichen Besitztümer. Das Hochstift Ermland hatte also über 500 Jahre von 1254-1772 als eigenstaatliches Gebiet unter
Fürstbischöfen bestanden. Der damalige Bischof Ignatius Krasicki residierte als Bischof der Diözese Ermland in Heilsberg noch bis 1795. Nach 1795 besetzten wieder Deutsche den ermländischen Bischofssitz. Der Bischof
residierte in der ersten zeit meistens in der Abtei Oliva und ab 1836 ständig bis 1945 in Frauenburg beim Domkapitel.
Huldigung und Treueid in der Marienburg Vertreter aller Stände, auch der Bauern, wurden für den 28. September 1772 zu Huldigung und zum Treueid in die Marienburg befohlen. Die Landesaufnahme, die im Herbst 1772
erfolgte und als Grundlage der Steuererhebung dienen sollte, ist ein Dokument der ärmlichen Lebensverhältnisse in den Bauerndörfern des damaligen Hochstiftes Ermland. In der Absicht, die Jahrhunderte alte
Verwaltungsordnung des Hochstiftes Ermland, die Kammerämter wie Seeburg oder Guttstadt, aufzulösen, schuf die preußische Verwaltung eine neue Einteilung des Landes in Kreise, ohne dabei die gewachsenen Strukturen der
Bevölkerung und der Seelsorge zu berücksichtigen. Ursprünglich waren nur zwei Kreise, nämlich Braunsberg und Heilsberg geplant. Doch diese Planung erwies sich sehr bald als zu unübersichtlich groß. Im Rahmen der
Stein-Hardenbergschen Reformen erfolgte 1817/18 eine neue Regelung und Einteilung des Ermlandes in die Kreise Braunsberg, Heilsberg, Allenstein und Rößel. Sehr viel später, am 14. Okt. 1905 wurde von der Staatsregierung
die Verordnung zur Errichtung eines Regierungsbezirkes Allenstein erlassen. Von Napoleons Rußlandfeldzug bis zum 1. Weltkrieg Auch im 19.
Jahrhundert blieb das Ermland von den Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen nicht verschont. In dem Krieg Napoleons gegen Preußen und Rußland 1806/07 wurde Ostpreußen und somit auch das Ermland in die Bedrängnisse
durch die Truppen einbezogen. Maßlose Requirierungen und hohe erpreßte Geldsummen brachten die Bevölkerung wieder an den Rand ihrer Lebensgrundlage. Als dann nach dem vernichtenden Fehlschlag der Eroberung Moskaus die
f'ranzösischen Truppen zurückfluteten und die russischen ihnen folgten, nahmen diese noch das Letzte, was die Franzosen übrig gelassen hatten. Scheunen und Ställe waren leer, und eine Hungersnot mit Seuchen und hoher
Sterblichkeit war die Folge. In dem preußisch-östereichischen Bruderkrieg 1866 um die Vorherrschaft war das Ermland vom Kriegsgeschehen nicht direkt berührt; jedoch kam manch ein junger Ermländer nicht mehr oder nur
als Invalide nach Hause zurück. Ebenso musste die Jugend Ostpreußens in der deutsch-französischen Auseinandersetzung 1870/71 ihren Blutzoll entrichten. In einer nun folgenden Erholungsphase von etwa 45 Jahren konnte
die Bevölkerung sich der Beseitigung der Schäden und dem Wiederaufbau widmen. Dann raste von neuem die Kriegsfurie über Europa und die halbe Welt. Nach dem Attentat am 28. Juni 1914 auf den österreichischen Thronfolger
Franz Ferdinand in Sarajewo brach der 1. Weltkrieg aus. Wieder wurden alle wehrfähigen Männer, die nicht unbedingt in der Landwirtschaft zur Aufrechterhaltung der Nahrungsmittelproduktion gebraucht wurden, zu den Waffen
gerufen. Wieder wurde in der Anfangsphase des Krieges das Ermland und auch das Kirchspiel Lautern direkt betroffen. Mit zwei großen Armeen waren die Russen in Ostpreußen eingedrungen. Die Njemen-Armee unter General
Rennenkampf stand im Raum Gumbinnen-Goldap. Im Süden drang die Narew-Armee unter General Samsonow in breiter Front auf Neidenburg vor. Die schwachen deutschen Kräfte wichen zurück. Ostpreußen schien verloren zu sein und
damit ein für die gesamte Volkswirtschaft bedeutender Teil des Reichsgebiets. Da beschloss das große Hauptquartier in Koblenz einen Wechsel im Armeeoberkommando Ost. General von Hindenburg wurde zum neuen
Oberbefehlshaber ernannt. Mit seinem Stabsschef Erich Ludendorff eilte er nach Ostpreußen, um die Führung des Kampfes zu übernehmen. In hinhaltenden Kämpfen mit der Rennenkampf-Armee gelang es ihnen, die Samsonow-Armee
in schweren Kämpfen vom 23.-31. August zu umfassen und völlig zu vernichten. Das Ende war die große Befreiungsschlacht bei Tannenberg. Am 4. September 1914 hatten die letzten russischen Soldaten das Ermland verlassen.
In weiteren Operationen wurde die Njemen-Armee die inzwischen eine fast 100 Kilometer lange Front zwischen Labiau und den Masurischen Seen gebildet hatte, zum Kampf gestellt und geschlagen. Nur ein schneller Rückzug
rettete sie vor der endgültigen Vernichtung. Diese Kämpfe wurden von Rößel aus geleitet. Mit der Winterschlacht in Masuren im Februar 1915 wurden auch die letzten besetzten Teile Ostpreußens befreit. Nun konnten die
Ermländer aufatmen und die Zerstörungen beseitigen, wie sie es in den vergangenen Jahrhunderten immer getan hatten. Viele junge Menschen aber kämpften weiter - und starben im Laufe des vierjährigen Weltkrieges an allen
Fronten. Im "Friedensvertrag von Versailles" musste Deutschland unter anderem die Provinzen Posen und Westpreußen an den wiedererstandenen Staat Polen abtreten. Außerdem stand wegen einer polnisch
sprechenden Minderheit die Zugehörigkeit der Regierungsbezirke Marienwerder und Allenstein zum Deutschen Reich oder Polen zur Abstimmung. Das Abstimmungsgebiet des Regierungsbezirkes Allenstein zählte 603.179 Einwohner.
Seine 22 Städte hatten eine fast ausschließlich deutsche Bevölkerung, während es in den Landgemeinden der Kreise Allenstein und Rößel neben den überwiegend deutschen Einwohnern auch eine Minderheit polnisch sprechender
Bewohner vor allem in den südlichen Randbezirken der Kreise gab. Die Abstimmung am 11. Juli 1920 ergab ein klares Bekenntnis der Bevölkerung für das Verbleiben im Deutschen Reich. Es stimmten 97,5 % der
Abstimmungsberechtigten dafür. Untergang des deutschen Ermlands Nationalsozialismus unter Gauleiter Erich Koch Das allmähliche Anwachsen der Nationalsozialistischen Deutschen
Arbeiterpartei (NSDAP) führte am 30. Januar 1933 zur Machtergreifung Hitlers als Reichskanzler. Die Entwicklung und Ausbreitung der NSDAP im Ermland und ganz Ostpreußen wurde durch den Gauleiter Erich Koch
eingeleitet und bis zum Ende der Herrschaft der Hitler-Diktatur geprägt. Hitler schickte den in Elberfeld geborenen Eisenbahnassistenten und glühenden Anhänger seiner Bewegung 1928 nach Königsberg mit dem Auftrag, die
"Insel Ostpreußen" für die NSDAP zu erobern. Die erste Versammlung der Partei in Rößel im Januar 1930 führte bereits im März zur Gründung einer Ortsgruppe. In vielen weiteren Versammlungen, bei denen es oft
zu Zusammenstößen mit dem kommunistischen Rotfrontkämpferbund kam, warben die Propagandisten der Partei für die Ideen der NSDAP und brachen langsam aber stetig in die "Zentrumsfestung" Ermland ein. Schon
bald hatten nur Hitler und seine Leute das Sagen. Sein Führerprinzip duldete keine demokratische Ordnung. Darum schaffte er die Demokratie auf der Basis der Weimarer Verfassung ab, durch die er legal zur Macht gekommen
war. In der Verwaltung wurden zunächst die Schlüsselkräfte von Gesinnungsgenossen abgelöst. Das Amt des Oberregierungspräsidenten in Königsberg erhielt Gauleiter Erich Koch. Entsprechend wurden die Posten der
Regierungspräsidenten, der Landräte, der Bürgermeister, der Amtsvorsteher und der Gemeindevorsteher - die heißen nach einer Verordnung vom 1. August 1934 ebenfalls Bürgermeister - mit zuverlässigen Parteigenossen
besetzt. Den sachkundigen Verwaltungsapparat musste man erhalten, wenn die zivile Ordnung nicht zusammenbrechen sollte. Jedoch schleusste man Spitzel ein, die die Verwaltungskräfte überwachten, um so den Leitern der
Ämter die Möglichkeit zu geben, die zu laut gewordenen Gegner durch Entfernung aus ihren Ämtern mundtot zu machen. Vielfach übernahmen die Ortsgruppen- und Kreisleiter der NSDAP die Bürgermeister- und Amtsleiterposten.
Gleichschaltung von Vereinen und Verbänden Alle Vereine wurden mit der Zeit aufgelöst und ihre Mitglieder in die
entsprechenden NS-Organisationen übernommen und "gleichgeschaltet". Solche Organisationen waren unter anderen das Jungvolk, die Hitlerjugend (HJ), der Bund Deutscher Mädchen (BDM), paramilitärischen
Sturmabteilungen (SA), die Schutzstaffeln (SS), die NS-Frauenschaft, um nur die wichtigsten zu nennen. Die Gewerkschaften und die Unternehmerorganisationen fanden sich in der Deutschen Arbeitsfront wieder, der jeder
Werktätige angehören musste. Dem Reichsnährstand waren die Bauernverbände und Selbsthilfevereine eingegliedert. Die Reichskulturkammer erfaßte die Presse, alles Schrifttum, Musik, Theater und Film und übte in diesen
Bereichen eine strenge Zensur aus. Alle kirchlichen Verbände wurden nach und nach aufgelöst. Selbst die durch keine Organisation erfaßten Bewohner einer Stadt oder eines Dorfes wurden durch Block- und Zellenwarte
beobachtet und beeinflusst. Die ermländische Kirche mit Bischof Maximilian Kaller blieb vielfach das einzige Bollwerk gegen den Gesinnungsterror. Manch ein Geistlicher musste sich wegen seiner Predigt peinlichen
Verhören unterziehen, landete im Gefängnis oder gar im Konzentrationslager. Einige erlitten für ihr allzu offenes Wort, das als Verhetzung des Volkes ausgelegt wurde, den Tod. Der 2. Weltkrieg Am Morgen des 1. Septembers 1939 hörte man in Lautern den lauten Geschützdonner von der etwa 20 km entfernten Grenze zu Polen. Der Krieg, der zum
Untergang führen sollte, hatte begonnen. Lange Zeit blieb Ostpreußen von den Kriegswirren verschont. Nur Frauen und Kinder aus den von Bomben der westlichen Luftgeschwader bedrohten Städten fanden hier Zuflucht. Das
änderte sich gegen Ende des Krieges. Anfang Juni 1944 standen die deutschen Armeen noch weit im russischen Land. Da eröffnete die sowjetische Heeresführung am 22. Juni eine Großoffensive, gegen die deutsche Front. Nach
Zerschlagung von 25 der dort eingesetzten 40 Divisionen gelang den Sowjets ein verhängnisvoller Durchbruch. In diesen etwa 350 km breiten Einbruch in die deutschen Linien strömten die russischen Truppen nach Westen.
Erst Mitte August gelang es dem neu eingesetzten Oberbefehlshaber Model, die deutsche Abwehrfront durch eine neue Verteidigungslinie noch auf russischem Boden zu stabilisieren. Die Bedrohung Ostpreußens wurde nun von
vielen erkannt und gefürchtet. Die Armeeführung hatte die Räumung des östlichen Teils der Provinz empfohlen. Der Antrag wurde jedoch vom Reichsverteidigungskommissar für Ostpreußen, Gauleiter Erich Koch, abgelehnt. Nur
ein Streifen von 10 km Breite hinter der Hauptkampflinie durfte von den Zivilisten geräumt werden. Wer sich auf eigene Faust absetzen wollte, riskierte sein Leben. Die Ausführung des ausgearbeiteten Evakuierungsplanes
verweigerte Gauleiter Koch. Er erklärte: "Wer hier noch einmal von Räumung spricht, ist ein Verräter." Zur Verteidigung des Landes verwirklichte er vielmehr seine Idee vom Bau eines "Ostwalls". Wer
noch einen Spaten handhaben konnte, der wurde dazu herangezogen. Auch alte Menschen über 65 Jahre und Fremdarbeiter mussten diesen Einsatzdienst leisten.
Sturm auf Ostpreussen Schon am 5. Oktober 1944 traten die sowjetischen Armeen zu einer neuen Offensive an. Zur Charakterisierung der Heftigkeit der Kämpfe sei ein Auszug aus der Zeitung "Urasnaja
Swjedsda" vom 24. Oktober 1944 wiedergegeben: "Man kann nicht bestreiten, dass der deutsche Widerstand an Stärke und Hartnäckigkeit alles bisher Dagewesene übersteigt. Sie führen ständig Gegenangriffe durch
und verteidigen jeden Zentimeter ihres Bodens." In der Abwehrfront kämpften viele ostpreußische Einheiten. Sie waren sich bewußt, dass sie ihre Heimat verteidigten. Erst Ende Oktober gelang es der deutschen
Heerführung, auch diesen Großangriff zum Stehen zu bringen. Nach dem Stopp des Vordringens der russischen Armeen lagen sich die fronten etwas 2 1/2 Monate ruhig gegenüber. Beide Seiten verstärkten in dieser Zeit die
Kampfkraft ihrer Truppen, die Deutschen mit mühsam zusammengewürfelten Resten aufgeriebener Verbände, die sie neu gruppierten, und die Russen, indem sie frische Einheiten heranschafften und mit Waffen und Munition
aufrüsteten. So standen sich nun zwei ungleich starke Fronten gegenüber, und das konnte nicht gut aussehen. Am 12. Januar 1945 brachen die östlichen Armeen zu einer letzten nicht mehr zu stoppenden Offensive auf. Die
abgekämpften deutschen Truppen konnten nur in hinhaltenden Gefechten ein zu schnelles Vorrücken bremsen, um dadurch die geordnete Absetzbewegung der Truppen und die teilweise Rettung der fliehenden Zivilbevölkerung zu
ermöglichen. Es hatte starker Frost und leichter Schneefall eingesetzt. Darauf hatten die Angreifer gewartet, damit sie mit ihren Panzern als Angriffsspitzen über den hart gefrorenen Feldern und Feuchtwiesen beliebig
operieren konnten. Ihre Zielsetzung war, die deutschen Verbände in einem Kessel einzuschließen. Flucht, Verschleppung und Vertreibung der Deutschen
In der Bevölkerung herrschte große Angst und Verwirrung. An eine geordnete Evakuierung nach dem vorgesehenen Plan war nicht mehr zu denken. Jeder tat das, was er für sich und seine Familie für das Beste hielt. Ein Teil
versuchte noch mit der notwendigsten Habe auf dem Pferdewagen der Schlitten aus dem sich schließenden Kessel herauszukommen und sich einem der Trecks nach dem Westen anzuschließen, was nur zum Teil glückte. Andere
wurden auf der Flucht schon von den russischen Truppen abgeschnitten und kehrten um. Wieder andere hatten erst gar nicht den Versuch gemacht zu fliehen. Alle gingen jedenfalls einem ungewissen, schweren Schicksal
entgegen, und viele, besonders Kinder und alte Menschen, überlebten diese kritische Zeit nicht. Einige Männer schlossen sich noch wenige Stunden vor dem Eintreffen der ersten Russen den sich zurückziehenden deutschen
Truppen an, nachdem ihnen von den Greueltaten und den wahllosen Erschießungen der auf den Höfen angetroffenen Bauern berichtet wurde. Über die grausamen Schicksale der Zivilbevölkerung sind viele Einzelberichte
geschrieben und gesammelt worden, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Nach dem Waffenstillstand am 8. Mai 1945 glaubten viele geflüchteten Familien, es würde nun Ruhe eintreten. Sie kehrten zurück und
hofften auf einen Neubeginn. Doch vagabundierende Russen tobten sich in Befolgung der Ehrenburgischen Hetzparolen weiter an der deutschen Rastbevölkerung aus. Alles, was als Beutegut gelten konnte - Vieh, Waren,
technische Geräte, Möbel und Maschinen - wurde auf Sammelplätze an den Bahnhöfen gebracht und in Richtung Osten abtransportiert. Manch ein deutscher Transportbegleiter kehrte nie wieder zurück. Anfang April kamen die
Verschleppungskommandos. Kommissare in Begleitung von Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten betraten den Hof. Sie suchten nach Männern zwischen 15 und 65 Jahren zur Arbeit in den Weiten Rußlands. Auch Frauen ohne
Kinder wurden zu Arbeitskommandos zusammengestellt. Wer Glück hatte, durfte die zusammengetriebenen Viehherden versorgen. Ein großer Teil von ihnen teilte jedoch das Schicksal der Männer in Rußland zwischen Sibirien und
dem Schwarzen Meer. So wurde auch der Mensch als Beutegut oder Reparationsleistung betrachtet. Am 15. Juli rückten die in Lautern stationierten Truppen ab. Nur eine kleine Abteilung und das Erntekommando blieben
zurück. Am gleichen Tage kamen schon die das Land besetzenden Polen, die als von den Russen Vertriebene sich in Ostpreußen ansiedeln sollten. Sie suchten sich die noch bewohnbaren Häuser aus und trugen Hausrat und Möbel
zusammen, um sich einzurichten. Die noch verbliebenen Deutschen konnten zunächst glücklich sein, wenn sie auf ihrem Hof weiter wohnen durften. Auch bei der Besetzung der Höfe und Häuser gab es große Unterschiede im
Verhalten der Polen gegenüber den Deutschen. Dann schlug die entscheidende Stunde bei der Frage: Wer von den Deutschen optiert für Polen und wer will deutsch bleiben. Die "Neupolen" erhielten
Lebensmittelkarten, die anderen nicht. Trotz ihrer Option für Polen erfuhren auch sie immer wieder Benachteiligungen. Gerüchte kamen auf, dass alle noch verbliebenen Deutschen das Land verlassen müßten und in das
Altreich transportiert werden sollten. Am 18. Oktober war es dann so weit. Alle Deutschen des Kirchspiels Lautern wurden aufgefordert, sich zu einem festgesetzten Termin am Hause des polnischen Amtsvorstehers
einzufinden. Dort verkündete er den Anwesenden die Termine ihrer Aussiedlung (sprich, Vertreibung). Nur ein kleines Handgepäck durfte mitgenommen werden. Zur Illustration wird nachfolgendes Beispiele wiedergegeben:
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