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Die Besiedlung im eroberten Land

Siedlungspolitik zugleich Macht- und Finanzpolitik

Nachdem die Ordensritter und ihre Gefolgsleute das Prussenland mit dem Schwert erobert hatten und die Missionierung unter den verbliebenen Prussen erhebliche Fortschritte gemacht hatte, so dass vier Diözesen gegründet werden konnten, galt es den Einfluss des Ordens und die kirchliche Ordnung zu sichern. Dies konnte nur zuverlässig geschehen durch eine Besiedlung der weiten und zum Teil entvölkerten Gebiete mit deutschen Siedlern.

Außer der Sicherung der Macht in dem eroberten Land gab es noch einen weiteren wichtigen Grund für eine möglichst schnelle Besiedlung: Der Orden und seine Ritterschaft mussten versorgt werden sowie auch der Bischof und das Domkapitel mit ihren Dienstleuten, und die Ausgaben für die Verwaltung des Bistums brauchten Einnahmen. So vergab der Orden in seinem Machtbereich große Güter an seine treuen Gefolgsleute, die dann ihrerseits versuchten, die mit dem Lehen verbundenen Verpflichtungen und die Sicherung der Lebenshaltung der Familie durch Gründung eigener Bauerndörfer zu sichern. Die Bauernfamilien mussten neben der Sicherung ihres Lebensunterhaltes mit Zins und Naturalien sowie Scharwerksdiensten den Bedarf des Gutsherrn decken. Die Gutsbesitzer bewirtschafteten ihre umfangreichen Ländereien zum Teil mit eigenen Kräften und mit Vorwerken, in die die Bauernfamilien der Dörfer ihre Pflichtleistungen (Scharwerksdienste) einbrachten.

Bischof und Domkapitel bzw. ihre Vögte versuchten vor allem deutsche Bauern in Dörfern anzusiedeln. Je mehr Dörfer sie gründen konnten, desto höher waren die Einnahmen, die Bischof und Domkapitel für ihren Hofstaat und die Erfordernisse des Bistums erzielten. Ihre Siedlungspolitik übernahm schließlich auch der Orden. In der ersten Zeit machten sich Ordensritter und Bischöfe selbst auf den Weg in ihre Heimat und warben persönlich für die Siedlung in ihrem Land. Vielfach zog ein Bischof seine ganze Sippe nach, deren Mitglieder Lehnsgüter oder Dienstgüter erhielten und als Grundherren Eigendörfer gründeten.

 

Herkunft der Siedler

Im Ksp. Lautern waren es vor allem Bischof Eberhard von Neiße und sein Vogt Friedrich von Liebenzelle, die Landsleute aus ihrer Heimat Schlesien zum Siedeln bewegen konnten. Darum herrschte hier bis in die letzte Zeit in der Volkssprache eine schlesische Mundart vor. Noch intensiver wurde die Siedlungspolitik etwas später von den Bistumsvögten Heinrich von Luter (1333-1342/43) und Bruno von Luter (1343-1346) im Auftrag ihrer Bischöfe betrieben. In anderen Gebieten siedelten auch Bauern aus dem niederdeutschen Raum , aus Westfalen und dem Rheinland. Auch sie brachten ihre landeseigene Volkssprache und Kultur mit. So wurde das Gebiet nördlich des Ksp. Lautern von der niederdeutschen oder der käslauischen Mundart beherrscht. Viele Gedichte und Erzählungen (Spichtchen) halten die mundartlichen Eigenheiten fest. Sie wurden in der zentralen Sammelstelle für ostpreußische Mundarten im "Preußischen Wörterbuch", bearbeitet von dem Königsberger Prof. Walter Ziesemer (1882-1961) und dessen Nachfolger Prof. Erhard Riemann gesammelt und auf Tonbändern archiviert.

Den siedlungswilligen Bauernfamilien wurden in der Regel 2 bis 3 Hufen zur Bewirtschaftung kostenlos zugeteilt. Nach einigen Freijahren, die je nach der Schwierigkeit der Kultivierung des Geländes unterschiedlich ausfielen, leisteten die Bauern einen Hufenzins, sowie Abgaben an Naturalien und Scharwerksdienste für die Vorwerke der Grundherren und die Tafelgüter des Bischofs und des Domkapitels.

Neben den Neugründungen von Dörfern mit deutschen Siedlern sind auch zahlreiche Siedlungen von Prussen bestehen geblieben oder neu entstanden, wenn sie sich dem Orden unterwarfen und den christlichen Glauben annahmen. Sie pflegten ihre Sprache und ihre Bräuche weiter, soweit sie nicht christlichen Auffassungen widersprachen. Durch den Verschmelzungsprozeß mit den deutschen Siedlern im Laufe der Jahrhunderte nahmen die Prussen die deutsche Kultur und Sprache mehr und mehr an zumal die deutschen Siedler eine höhere Agrarkultur mitbrachten. So kann man feststellen, dass mit dem Ausgang des 17. Jahrhunderts im Ermland eine deutsche Kultur bestand, die vom katholischen Glauben geprägt wurde.

In unserem Jahrhundert ist lediglich noch in manchen Familien- und Ortsnamen der prussische Ursprung erkennbar. Das Verhältnis deutscher und prussischer Bevölkerungsanteile hat nach dem ersten Jahrhundert der Kolonisation etwa 1:1 betragen.

Rolle der Städte

In den Städten, die sich im Schutz der Burgen bildeten, gab es nur deutsche Bürger. Auch für sie wurde nach einer gewissen Aufbauphase eine Handfeste ausgestellt. Alle Handfesten waren vom Bischof oder dem Domkapitel bzw. deren Vögten und Zeugen unterzeichnet, je nachdem in welchem Kammeramt das Gemeinwesen lag. Diese Dokumente wurden im "Bischöflichen Privilegienbuch" eingetragen, das zu einem großen Teil heute erhalten ist. Als ordnendes Statut gab sich die Stadt eine sogenannte "Willkür". Diese enthielt die Rechte und Pflichten der Bürger und bildete die Grundlage der Rechtsprechung. An der Spitze der Stadtverwaltung stand ein von den Stadtverordneten gewählter Bürgermeister. Diese Organisation ist im Laufe der Zeit entstanden. Für die Rechtsprechung gab es ein Gremium von Laienrichtern, den Schöppenstuhl, mit einem Schöppenmeister an der Spitze. Die oberste Entscheidungsinstanz lag beim Bischof bzw. seinem Vogt.

Dorfgründung

Bei den kinderreichen Bauernfamilien im Mittelalter konnte nur einer den Hof erben. Eine Zerstückelung des Landes in mehrere Erbteile würde sehr schnell das Existenzminimum einer Bauernwirtschaft unterschreiten. Daher heirateten die Brüder oder Schwestern des Erben in andere Wirtschaften ein, ergriffen einen geistlichen Beruf, zogen in die Stadt als Bürger und Handwerker oder blieben als Arbeitskräfte auf dem Hof des Bruders. Ferner gab es von Brandenburg bis zum Baltikum noch viele Möglichkeiten zur Siedlung auf bisher ungenutzten Waldflächen, die zu Ackerflächen gerodet wurden. Durch die westdeutschen Dörfer ging damals das bekannte Wort: "Nach Ostland wollen wir fahren".

Das vollzog sich etwa so, bezogen auf die Besiedlung des Prussenlandes, wie es Dr. Adolf Poschmann im Heimatbuch "Der Kreis Rößel" schildert: Ein vom Orden oder dem Bischof beauftragter Lokator erschien in einem schlesischen oder westdeutschen Dorf und sprach zu den Einwohnern von den großartigen Möglichkeiten, kostenlos Land zu bekommen und eine eigene Bauernwirtschaft aufzubauen. Das war eine Gelegenheit für unternehmensfreudige Bauernsöhne und -töchter. Nun wurde geplant, eventuell noch in der alten Dorfgemeinde geheiratet, und dann die Planwagen mit der notwendigen Ausrüstung beladen. Dann begann ein Treck siedlungswilliger Bauern und Bäuerinnen die beschwerliche Reise in das verheißene Land. Treckführer war der Lokator, der den Weg schon kannte.

Wie vollzog sich nun am Ziel der Neuanfang? Zur Dorfgründung weiter der Bericht: "Traf nun eine neue Schar deutscher Siedler ein, so wurde wieder ein großes Dorf mit 70 oder 100 Hufen angelegt. In dem hügeligen Gelände wurde eine möglichst ebene Fläche ausgewählt, wo auch genügend Wasser war, denn jeder Bauer wollte auf seinem Hof einen Brunnen und einen Teich haben. Der Landmesser steckte ein Viereck ab, ungefähr einen Kilometer lang und 250 Meter breit, in der Mitte der 1anggestreckte Anger zwischen zwei gleichlaufenden Straßen. An den Außenseiten der beiden. Straßen wurde jedem Bauer eine Hofstelle angewiesen. Die Gehöfte standen aber nicht so eng nebeneinander wie in westdeutschen Dörfern; hier blieb, immer noch Platz für einen Gemüse- und Obstgarten, und hinter dem Gehöft war ein Teich, auf dem sich Enten und Gänse tummelten. Der Anger war Gemeinbesitz. Hier standen die Kirche mit dem Friedhof, der Krug, die Schmiede und das Hirthaus. Später kam dann noch die Schule hinzu. Der Pfarrhof lag in der Reihe der Bauernhöfe, natürlich in der Nähe der Kirche. Auf dem Anger siedelten sich Handwerker und Eigenkätner an. Neben den Häuschen wurden Gemüsegärten angelegt, so dass die freie Fläche immer kleiner wurde. Wer nicht Handwerker war, arbeitete bei einem Bauern und verdiente so sein Brot. Jeder Eigenkätner durfte eine Kuh und einiges Kleinvieh mit der Dorfherde auf die gemeinsame Weide treiben.

Die Feldmark wurde in drei Felder eingeteilt. Wie überall, so wurde auch hier die Dreifelderwirtschaft eingeführt: In jedem Feld erhielt jeder Bauer einen langen schmalen Streifen Acker. Im Frühjahr rief der Schulz die Bauern zusammen und beriet mit ihnen, wann gepflügt und gesät werden sollte. Mitte Juli wurde über den Beginn der Ernte beraten. Jeder Bauer pflügte, säte und erntete auf seinem schmalen Streifen. Das Brachfeld war zugleich Weideland für die Dorfherde. Nach der Ernte wurde das Vieh auf die Stoppelfelder getrieben. Frühmorgens ging der Hirte das Dorf entlang und blies in sein Horn. Dann öffneten die Bauern die Ställe, das Vieh lief an den Teich zur Tränke, und danach trieb der Hirte die Herde auf das Brachfeld.

All das lernten die prussischen Bauern von den deutschen Nachbarn. Bisher konnten sie mit ihrer hölzernen Zoche den Boden nur flach aufreißen; dann aber lernten sie den Räderpflug mit Streichbrett und eiserner Schar kennen. Bis dahin hatten sie nur einzelne Ackerstücke bearbeitet, die planlos in der Dorfflur lagen, dazwischen viel unbestelltes Land. Jetzt wurde die gesamte Fläche beackert - abgesehen von Sümpfen und Mooren, wo nur im Sommer das Vieh weidete."

Bei den Ortsgründungen wurden die Dörfer so über das Land verteilt, dass zwischen mehreren kleineren ein größeres lag, das dann zum Kirchdorf bestimmt wurde.

Wenn die Gründung eines Dorfes vollzogen war, erhielt das Dorf eine Gründungsurkunde, die sogenannte Handfeste. In ihr war die Ordnung des neuen Gemeinwesens meist nach kulmischem Recht festgeschrieben. Das kulmische Recht hatte das Magdeburger Stadtrecht zur Grundlage und wurde vom Orden wie auch den Bischöfen und Domkapiteln allgemein als Rechtsnorm zugrunde gelegt. Ausnahmen waren die Küstenstädte Elbing, Braunsberg und Frauenburg, wo sich viele Bewohner aus Lübeck angesiedelt hatten und für die Ordnung ihrer Städte das Lübecker Recht einführten. Eine weitere Ausnahme galt für die weiter bestehenden Prussendörfer, für die ein prussisches Recht die Rechtsnorm bildete. Auf Einzelheiten kann in diesem Rahmen nicht näher eingegangen werden.

Gesellschaftliche Struktur im Dorf

Es sollen noch einige Bemerkungen über die gesellschaftliche Struktur der Dörfer folgen: Der Aufbau des Dorfes wurde dem Gründer oder Lokator, also meist dem Treckführer, überlassen, der dann vom Landesherrn zum Erbschulzen ernannt und mit besonderen Privilegien ausgestattet wurde. So war jede 10. Hufe nach dem Siedlungsrecht sein Wirtschaftseigentum. Das bedeutete meist eine Fläche von 4 bis 6 Hufen. Mit Ausnahme der Ländereien, die allen Landesbewohnern nur als Lehen gegeben wurden, gehörten den Schulzen und Köllmern (Freibauern) alle Baulichkeiten, Geräte und das Vieh. Den Scharwerksbauern dagegen gehörten zwar die Gebäude, aber nicht in jedem Fall alles andere tote und lebende Inventar, wenn dieses dem Grundstück zugeteilt worden war.

Der Schultheiß, Schulz oder auch Scholz hat die Verwaltungsarbeit zu leisten und war mit polizeilicher und gerichtlicher (kleine Gerichtsbarkeit) ausgestattet. Seine vorgesetzte Instanz war der Landvogt. Im Kriegsfall musste er sich selbst als bewaffneter Reiter zur Verfügung stellen. Da kriegerische Auseinandersetzungen sehr häufig vorkamen, musste er oft seine eigene Wirtschaft vernachlässigen. Darum rüstete er später einen seiner Leute als bewaffneten Reiter aus, der dann für ihn in den Heerbann eintrat.

Etwa die gleiche gesellschaftliche Stellung hatten die Besitzer von Gratialgütern. Darüber berichtet H. Krüger in "Das Kirchspiel Arnsdorf": "Nach den Kriegen und den Pestzeiten gab es in den ermländischen Dörfern eine Reihe zerstörter und verwaister Höfe, deren Eigentümer und Erben nicht lebten. In solchen Fällen vergab der Landesherr diese Grundstücke erneut an geeignete Bewerber, manche als Gratialbesitz an Männer seines Vertrauens oder für besondere Verdienste. Die Gratialisten hatten in etwa die Rechte der Köllmer.

Die Bauernhöfe waren zunächst Familienbesitz. Die Bauern konnten den Hof beliebig vererben. Meistens war der älteste Sohn der Hoferbe. Für den zweiten Sohn wurde auf dem Anger ein Häuschen gebaut; er wurde Eigenkätner oder Gärtner, er hatte kein Land in der Feldmark, sondern einen Garten neben der Kate. Weitere Söhne fanden Aufnahme als Hilfskräfte in kinderlosen Bauernfamilien. Im Falle der Heirat baute ihm der Bauer ein Insthaus. Das war eine ebenso bescheidene Kate wie das Gärtnerhaus. Es stand aber nicht auf dem Anger, sondern auf dem Gelände des Bauern und blieb dessen Eigentum. Der Instmann war verpflichtet, auf dem Hof des Bauern zu arbeiten. Dagegen war das Häuschen des Eigenkätners - wie der Name schon sagt - sein Eigentum und an keinen bestimmten Hof gebunden.

Der Einzug in ein Gärtner- oder Insthaus war ein sozialer Abstieg und so zogen es manche Bauernsöhne vor, in die Stadt zu gehen, um dort einen handwerklichen Beruf zu erlernen. Ebenso heirateten Bauerntöchter in die Stadt oder traten in die Kongregation der hl. Katharina in Braunsberg ein. In guten Zeiten schickten die Bauern auch gern einen Sohn auf das Gymnasium.

Steuern und andere Lasten

Die Bewohner des Landes wurden unterschiedlich zu Abgaben und Lasten herangezogen. Die Schulzen, Köllmer wie auch Pfarrer und Schulmeister waren von der Scharwerksleistung befreit. Dafür hatten die beiden erstgenannten Gruppen im Kriegsfall einen bewaffneten Reiter zu stellen. Die Bauern leisteten pro Hufe Scharwerksdienste, d.h. Arbeitsdienste für den Landesherrn oder gegebenenfalls für den Grundherrn (Gutsbesitzer). Die Scharwerksleistung bestand in der Gestellung von Gespannen mit Hilfskräften zu Arbeiten auf den Feldern und im Wald. Die Eigenkätner hatten mit ihren Familien Handdienste zu leisten.

Neben den Scharwerksdiensten lasteten auf den Grundstücken außerdem noch Zins- und Naturalienabgaben. Zur Zeit der Dorfgründungen war der Hufenzins überall gleich hoch festgesetzt worden. Später fand eine Differenzierung nach Güteklassen des Bodens statt. Außer dem Hufenzins hatten die Bauern noch Naturalien an die Vorratshäuser des Landesherrn zur Versorgung des Hofstaates zu liefern. Solche Lieferungen bestanden z.B. in Getreide, Geflügel, Honig und Wachs für Kerzen. In späteren Zeiten konnten diese Verpflichtungen in Geld abgelöst werden.

All diese Abgaben waren, abgesehen von Sonderleistungen in Kriegszeiten nie sehr bedrückend für die Bewohner des Hochstifts Ermland. Daher hat sich der Ausspruch erhalten: "Unter dem Krummstab läßt es sich gut leben."